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Frank Hübner

Faire und sachliche Debatte vor Bürgerentscheid notwendig

Es ist verständlich, dass Schüler, Lehrer und Elternvertreter sich mit großem Engagement für den Erhalt der Rathenower Grundschule am Standort Scholl-Straße einsetzen. Allerdings sollte die öffentliche Debatte vor dem Bürgerentscheid fair und sachlich und vor allen Dingen ohne Unterstellungen geführt werden. Aus diesem Grund muss der Vorwurf der Vorsitzenden der Schulkonferenz der Grundschule „Geschwister Scholl“, Delphin Holzendorf, geäußert im MAZ-Artikel „Bereit für den Bürgerentscheid“ am 27. Juni, entschieden zurück gewiesen werden. Frau Holzendorf wird zitiert: „Ich kann nicht verstehen, dass sich ausgerechnet die Linke gegen uns stellt. Im Einzugsbereich der Schule würden viele Familien wohnen, die von Hartz IV leben. Deren Kinder seien beim Ganztagsbetrieb gut aufgehoben, genau das wollten die Linken abschaffen.“

Bereits Ende vorigen Jahres hatte die Linksfraktion in der SVV Rathenow Vertreter der Schulleitung und Elternvertreter zu einem Gespräch über die Schließung des Schulstandortes „Geschwister Scholl“ eingeladen. In diesem Gespräch wiesen die Mitglieder der Linksfraktion deutlich darauf hin, dass sie das Ganztagsprogramm und die Aktivitäten zur Integration von Migranten an der Scholl-Schule wertschätzen und beides am neuen Standort „Am Weinberg“ weitergeführt werden soll. Dies muss bis zur Aufgabe des Schulgebäudes Geschwister Scholl gemeinsam mit Unterstützung von Stadtverwaltung und Stadtverordneten vorbereitet und organisiert werden, so die Erwartung der Linksfraktion.

Ein Schulprogramm, soziale Projekte und Initiativen einer Schule hängen nicht an der Gebäudehülle, sondern am Wirken und Engagement der Lehrer und Mitstreiter, die die verschiedenen Angebote umsetzen.

Im Übrigens setzt sich Die Linke in Rathenow schon seit über zehn Jahren für die Entwicklung von drei zukunftsfesten Grundschulstandorten ein. Die Schulentwicklungsplanung der Stadtverwaltung sowie die zum Teil gegensätzlichen Beschlüsse der SVV in den zurückliegenden 15 Jahren zur Rathenower Grundschullandschaft sind wahrlich kein kommunalpolitisches Ruhmesblatt. Mit der Grundsatzentscheidung im Dezember vorigen Jahres, den Schulstandort Geschwister Scholl aufzugeben und künftig drei Grundschulstandorte weiterzuführen, wurden endlich Nägel mit Köpfen gemacht. Dass natürlich die betroffenen Schüler, Lehrer und Eltern auch emotional am Schulgebäude hängen, ist durchaus verständlich, aber die Stadtverwaltung und die Stadtverordneten tragen nicht nur Verantwortung für eine Schule, sondern für die Entwicklung der gesamten Grundschullandschaft in Rathenow. Drei Zukunftsstandorte, in drei unterschiedlichen Stadtgebieten, die künftig baulich und konzeptionell kontinuierlich zu qualifizieren sind, ist für die Stadt Rathenow und den prognostizierten Schülerzahlen auf jeden Fall mittelfristig eine überzeugende und realistische Variante. Diese Argumente müssen die Rathenowerinnen und Rathenower genauso abwägen wie die Spezialinteressen der Schüler, Lehrer und Eltern der Grundschule „Geschwister Scholl“.

Die Meinungsverschiedenheit zwischen Frau Holzendorf und dem Abstimmungsleiter der Stadt Rathenow, welcher Text auf den Abstimmzetteln zu stehen habe, ist natürlich auch interessengeleitet. Formal ist sicher der gleiche Beschlusstext, über dem die Stadtverordneten abgestimmt haben, korrekt. Aber in der Begründung konnte jeder Stadtverordnete lesen, dass die beiden Schulen zwar als Organisationseinheit formal geschlossen werden, aber danach am Standort „Am Weinberg“ quasi als eine neue Grundschule gemeinsam fortbestehen. Ein solcher erklärende Text darf aber nicht auf dem Stimmzettel stehen, so dass bei Abstimmenden, die keine Zusatzinformationen haben – oder einseitig informiert wurden – der Eindruck entstehen könnte, dass tatsächlich zwei Grundschulen geschlossen werden sollen. Ich denke, es würde den Bürgerentscheid zur Farce werden lassen, wenn der Abstimmungstext bewusst missdeutend ist. Und das sollte nun auch nicht im Interesse von Frau Holzendorf und ihren Unterstützern sein.

Und ein Letztes: Eine Ablehnung des Bürgerentscheides bedeutet Planungssicherheit und die reale Chance, drei Rathenower Schulstandorte (Jahngrundschule, Grundschule am Weinberg, Grundschule Otto Seeger Rathenow-West) zukunftssicher zu entwickeln. Eine Zustimmung für den Bürgerentscheid bedeutet zunächst Erhalt des Schulstandortes „Geschwister Scholl“, aber die Diskussion um die Schulentwicklungsplanung beginnt wieder von vorn. Und aller Wahrscheinlichkeit mit der Frage, welche Grundschule alternativ zu schließen sei. Zwar hat Bürgermeister Ronald Seeger in der Frage der Rathenower Grundschulen in jüngster Zeit für einige Irritationen gesorgt, doch mit der Feststellung, mit ihm gebe es nur drei Grundschulstandorte, hat er Recht. Deshalb erwarte ich auch, dass er für seine in der SVV beschlossene Vorlage und damit für die Ablehnung des Bürgerentscheides wirbt. Gute Gründe gibt es dafür.